Gepostet von  DK  am 23. April 2017
Rennradtour Oder-Neiße Radweg


Morgens um 6:30 breche ich vom Bahnhof Friedrichstraße auf nach Frankfurt mit dem Zug. Eine Stunde kann ich mir Ruhe gönnen, bis die Strecke, die ungefähr 200km des Oder-Neiße Radweg umfasst, beginnt. An diesem Tag bin ich allein unterwegs und will nach Görlitz. Das Wetter ist Anfang April sehr warm und ich habe großes Glück, dass den ganzen Tag die Sonne scheinen wird. Der Zug ist pünktlich und angenehm leer, da es noch in der Woche ist. Ich sause vorbei an allerlei Pendlern, die in die Gegenrichtung in die Stadt fahren um zu arbeiten. Ich muss heute nicht...jedenfalls nicht im Büro.

Frankfurt an der Oder bis Eisenhüttenstadt

Halb 8 lande ich in Frankfurt bei circa 3° Außentemperatur. Ich besorge mir beim Bäcker noch ein Schweineohr und fahre dann zügig bergab, genau Richtung Oder. Der Weg ist leer, die Sonne scheint, noch ist mir kalt. Aber das ändert sich schnell, da ich jetzt mit Geschwindigkeit fahren kann. Hinter Frankfurt führt der Track nochmal weg von der Oder ins Hinterland. Es ist immernoch wunderschön leer und auch die Temperatur steigt schnell - es wird angenehm warm. Bei Beeskow-Finkenheerd geht es dann runter direkt an die Oderdeiche auf diesen nun fast die gesamte Tour verlaufen wird.

Weiter geht es in den Mäandern der Oder bis Eisenhüttenstadt. Vor der Stadt steht ein riesiges altes Kraftwerk noch aus der Zeit vor '45 als hier Energie für den Krieg erzeugt wurde. Das Kraftwerk Vogelsang steht majestätisch und dunkel, die Oderauen überblickend. 1945 wurden die Anlagen demontiert. Seitdem steht es im Rohbau. Dort oben einmal übernachten....hoch oben, das wäre was.

Nach Eisenhüttenstadt sollte man einmal reinfahren und sich die sozialistische Planstadt anschauen. Man bekommt hier einen sehr guten Eindruck von der Ästhetik der damals noch jungen DDR. Leider ist die Stadt hoffnungslos überaltert und wird wohl irgendwann einmal ein Museum, wenn die Generation, die einmal hier mit Gründung von Stalinstadt angefangen hat zu leben, weg sein wird. Junge Menschen gibt es hier kaum. Dafür eine komplett unter Denkmalschutz stehende Innenstadt. Das große Stahlwek, der Grund, warum die Stadt gegründet wurde, sieht man aus dem Zentrum von fast jedem Ort. Ich fahre nun weiter, wieder zurück an die Oderauen um ,,Kilometer zu machen." Bisher sind nur circa 40 davon geschafft. Der Oder-Neiße Radweg führt direkt hinter der Stadt weiter.

Von Eisenhüttenstadt über Guben nach Forst

Das Wetter wird immer Besser. Jetzt folgt Kilometer um Kilometer am Deich entlang bis Guben vor mir liegt. Auffällig sind die vielen Brückenköpfe über die Oder, die hier als Relikte der früheren Verbundenheit der Landstriche östlich und westlich der Oder immer wieder den Wegesrand verzieren. Am südlichen Stadtausgang von Guben gibt es sogar noch eine intakte Eisenbahnbrücke von vor dem Krieg. Ein Gleis war demontiert worden und ein anderes führte über den Fluss. Mittlerweile fahre ich schon entlang der Lausitzer Neiße. Die Oder knickt bei Neuzelle schon Richtung Osten ab.

Früher war die gesamte Gegend ein Textilzentrum mit vielen Betrieben und Fabriken. Heute stehen diese leer oder dienen anderen Zwecken. In Guben hat Gunther von Hagen seine Plastinationsfabrik in einer ehemaligen Hutfabrik. Es gibt viel Freiraum zum kreativen Sein in diesen Landstrichen. Auf der weiteren Strecke entdecke ich auch andere Fabriken direkt am Fluss. Die meisten sind leer.

Der Oder-Neiße Radweg führt auch an Forst vorbei. Auch hier sieht man vergangene industrielle Stärke in Form von Stadtstruktur, die bessere Zeiten erahnen lässt. Es gibt Villen und große Fabriken.

Die Neißepromenade ist neu gemacht. Man kann an vielen Stellen auch die Lausitzer Neiße überqueren. Die Verbindungen auf die andere Seite werden immer zahlreicher nach der langen Trennungszeit.

Von Forst nach Bad Muskau

Ab jetzt beginnt ein sehr langes Stück Weg, auf dem eigentlich nur kleinere Dörfer kommen und viel Wald und Wiesen. Ich kampiere für eine halbe Stunde am Deich und schlafe eine halbe Stunde, bevor es weitergeht. Es ist schon unglaublich warm in der Sonne. Vor Muskau gibt es einen wunderschönen Ziegenhof ( ziegenhof-wolfsschlucht.de), auf dem man auch pausieren könnte, wenn man noch Zeit hätte. Der Ort ist malerisch gelegen, direkt am Fluss, auf der anderen Seite eine weitere verwunschene Frabrik. Ich halte nicht an und fahre weiter nach Bad Muskau.  Hier gibt es einen Pücklerpark, der ohne Rennrad sehr schön zu erkunden ist. Für mich geht es jetzt aber weiter zum letzten Abschnitt.

In den Sonnenuntergang nach Görlitz

Von Bad Muskau sind es noch circa 50km bis nach Görlitz. Mittlerweile bin ich schon empfindlich gegen jede Steigung, die auf dem Weg das Fortkommen beeinträchtigen. Nach 150km habe ich kaum noch Energie, da die großen Strecken für mich auch nicht alltäglich sind mit dem Rad. Doch es geht weiter. Mittlerweile sinkt die Aprilsonne schon bis knapp über die Baumkronen. Ich halte nun kaum noch an, sondern fahre immer weiter. Der Weg der letzten Etappe von Bad Muskau bis Görlitz ist scheinbar unendlich. Doch mit genügend Willenskraft habe ich am Ende des Tages 200km auf dem Tacho und freue mich auf ein Bier und Kaminfeuer.

Fazit: Der Oder-Neiße Radweg ist wunderbar

Die hier beschriebene Tour ist wunderschön gewesen und mit dem Rennrad perfekt machbar. Die Streckenqualität ist beinahe den gesamten Weg über wirklich sehr gut. Es gibt keine verkehrsbelasteten Zonen. Menschen trifft man eigentlich nur in der Nähe der Städte. Im Sommer ist sicherlich mehr los auf dem Weg, aber das sollte sich immernoch im Rahmen bewegen. Ich werde die Tour jedenfalls wieder machen.

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