An einer Tankstelle in Thüringen auf dem Bordstein mit dem Kaffee in der Hand morgens um 8 hänge ich am Handy und versuche, die Permits für diese Tour zu buchen. Es klappt. Ich ergattere 4 Permits, die den Zugang zu dieser faszinierenden Welt bedeuten. 3 Monate bevor ich mich morgens um 6 Uhr aus der Heckklappe des Mietwagens rolle, in dem ich die Nacht verbracht habe. Eigentlich sollten wir zu viert sein, aber wie die Umstände so spielen, mache ich die Tour allein. Es geht los.
Die Wüste ist kalt am Morgen, aber ich komme schnell auf Trab. Am Anfang versuche ich noch, die Füße trocken zu halten. Das klappt circa einen Kilometer, danach laufe ich direkt durch. Das soll dann auch 3 Tage so bleiben. Die Füße trocknen erst am Abend im Zelt, wenn man sich zur Ruhe legt und die Eindrücke dieses verwunschenen Canyons Revue passieren lässt.
Ich betrete den Canyon über die Whitehouse Route. Diese leitet einen direkt in den Paria Canyon. Es wird schnell enger und man merkt, dass man eigentlich in einen Berg hineinläuft. Der Paria River ist schlammig und komplett sedimentdurchsetzt, nur schwer als Trinkwasser zu verwenden. Eine Karte zeigt mir Quellen, aber einen Tag Wasser habe ich dabei.
Ziel des ersten Tages ist die Confluence, die Stelle, an der der Paria River mit dem Buckskin Gulch zusammentrifft. Der Buckskin Gulch ist ebenfalls ein Slotcanyon, der sogar noch enger und länger ist.
Ich habe perfektes Wetter und Fluten sind auch nicht angesagt. Wenn es innerhalb von einem 100km Radius regnet herrscht hier Lebensgefahr und es können sogenannte Flashfloods auftreten. Videos im Internet zeigen, wie genau die aussehen. Ich komme schnell voran, 3 Tage sind sportlich für die Tour. Daher habe ich weniger Zeit als ich eigentlich möchte. An vielen Stellen will man verweilen und die Massivität der Gesteine bewundern. Überall sind Felsen rausgebrochen und der Canyon ist ausgewaschen auf eine Art, wie ich es so noch nirgends gesehen habe. Es ist wirklich wahnsinnig schön dort mit dem roten Gestein. Es ist nur das Plätschern des Flusses zu sehen, mehr Geräusche sind hier unten nicht zu hören.
Hinter der Confluence schlage ich auf einem angeschwemmten Sandhaufen mein Lager auf. Die Sonne senkt sich und es wird schnell dämmrig im Canyon. Immerhin sind im Paria Canyon immer 15° weniger als obehalb. Man läuft permanent in einem Loch circa 15-20m unterhalb der Oberfläche.
Ich weiß nicht, wie oft ich den Fluss durchquere, aber es sind hunterte Male. Er meandert durch das Gestein, wo es gerade nachgibt. Das Resultat sind gigantische Hallen, die der Fluss sich ins Gestein schneidet und die als Überhang irgendwann einstürzen. Vorher bieten sie ein imposantes Schauspiel.
Quellen gibt es immer wieder am Paria River. Man muss sie eigentlich nur finden. Manchmal hört man sie, manchmal sieht man sie, manchmal muss man allerdings auch die Karte nutzen. Es gibt auch Quellen, die nur manchmal aktiv sind. Daher sollte die Wasserplanung wirklich sauber sein, da man sonst in Verlegenheit gerät und den Paria filtern muss. Das gönne ich niemandem und auch nicht dem Wasserfilter.
Es geht immer weiter den Fluss hinunter, durch die Erdgeschichte. Die Formationen sind nach den First Nations benannt, die hier schon seit Jahrtausenden durch die Wüste streifen. Es gab in dieser Trockenheit immer Menschen und wenn man genau hinschaut, dann ist es auch gar nicht so trocken, wie man denkt.
Je weiter man den Canyon durchläuft, desto breiter wird er. Da die meisten nur bis zur Confluence laufen und dann umkehren oder durch den Buckskin laufen, sehe ich keinen Menschen. Die Mauern öffnen sich und ragen hoch hinaus. Es ist ein Schauspiel von unglaublicher Kraft und Farbe.
Die Landschaft ändert sich permanent, ich komme von über 1000m Höhe hinunter zum Colorado, der sich am Mund des Canyon dahinwindet durch die rote Staubigkeit. Der Paria Canyon öffnet sich immer weiter.
Die zweite Nacht beschließe ich auf eine Anhöhe, nachdem ich vorher eine Weile die letzte Quelle gesucht habe. Ich hörte sie, nach der Karte musste sie dort sein, aber ich konnte sie nicht sehen. Sie lag tief verborgen im Gestrüpp.
Der letzte Tag hat keine Wasserquelle mehr auf dem Weg. Ich muss also alles Wasser mitnehmen zum Ende. 4l sollten reichen. Nun öffnet sich der Canyon vollends und wird zu einem Tal. Der Weg geht ebenfalls nicht mehr nur am Fluss entlang. Zum ersten Mal seit 2 Tagen trocknen meine Füße wieder. Die Neoprensocken erweisen sich als wirklich tauglich für diese Art von Wanderung. Sie halten warm, auch wenn morgens Frost herrscht und der Fluss auch nicht warm ist.
Ich peile 17 Uhr an für den Exit am Colorado. Auf mich warten meine Freunde und wir verbringen noch eine Nacht am dort liegenden Campingplatz Lee's Ferry Campground. Zügig marschiere ich durch. Ich mache kaum Pausen. Manchmal versinke ich im Fluss, trockne aber schnell wieder.
Am Ende des Canyons liegt eine alte Farm, die ich mir noch genauer anschaue. Hier treffe ich auch die ersten Menschen, die eine Tageswanderung machen. Sie sind fasziniert davon, wie man 3 Tage in dem Canyon verbringen kann. Ich auch.